Freitag, 25. Januar 2013

König Heinrichs Trophäe


Heute, am 25. Januar vor 480 Jahren heiratete der englische König Heinrich VIII. (1491-1547) heimlich seine damalige Geliebte Anne Boleyn (1507-1536), noch vor seiner Scheidung von Katharina von Aragón (1485-1536) und machte die väterlicherseits aus dem niederen Adel und mütterlicherseits der englischen Hocharistokratie stammende 26-jährige zur zweiten seiner 6 Ehefrauen.

Anne Boleyn


Wunderschön war sie, sagt man. Selbstbewusst, gebildet und schlagfertig.
Und irgendetwas hatte sie an sich, das sie für König Heinrich VIII. zu einer Trophäe machte, die er um jeden Preis für sich gewinnen wollte.



Das Spiel beginnt




Im Jahre 1521 wurde Anne Boleyn zur Hofdame der damaligen Königin Katharina ernannt. Der König hatte bereits früh ein Auge auf sie geworfen und wollte die ehrgeizige junge Frau als Geliebte für sich gewinnen, doch Anne reichte die Aussicht auf die bloße Gunst des Königs nicht.
Sie hatte durch ihre Schwester Mary Boleyn, die zuvor ebenfalls die Geliebte des Königs gewesen war aus erster Hand erfahren, wie Schnell die Mätressen des Königs ausgetauscht und fallen gelassen wurden. Ohne finanzielle Sicherheiten und mit einem zweifelhaften Ruf bei Hofe.

Anne Boleyn ging ein Risiko ein. Sie blieb auf Abstand und gab sich dem König nicht hin, was seine Leidenschaft für sie jedoch nur noch mehr entfesselte.
Aus den Jahren 1527 und 1528 sind 17 Liebesbriefe des Königs an Anne Boleyn bis heute erhalten geblieben, in denen er sie anfleht:

“Ich bitte Euch daher von ganzem Herzen, mir, was die Liebe zwischen uns beiden angeht, Eure ganze Absicht kundzutun. Diese Antwort zu verlangen, zwingt mich die Notwendigkeit, da ich seit über einem Jahr vom Pein der Liebe verwundet bin und nicht weiß, ob ich scheitern oder einen Platz in Eurem Herzen und Eurer Liebe finden werde.”

Das Ultimatum

Der einzige Weg für König Heinrich VIII. Annes Gunst zu gewinnen war, sie zu heiraten. Ihre unglaubliche Beharrlichkeit diesbezüglich zeugt sowohl von ihrem Selbstbewusstsein, als auch von ihrem Ehrgeiz. Sie wollte nicht die zweite Wahl des Königs nach seiner Gemahlin sein und wollte vermutlich auch keinen Ausschluss ihrer Kinder mit Heinrich aus der Thronfolge akzeptieren.

Spätestens ab 1527 begann der König über seine Möglichkeiten, die Ehe mit Katharina zu beenden nachzudenken. So schrieb er auch an Anne:

“Wenn Ihr mir aber eine wirklich getreue Gebieterin und Freundin sein und Euch mit Leib und Seele mir schenken wolltet, der ich Euer sehr getreuer Diener gewesen bin und sein werde, wenn es Eure Hartherzigkeit nicht verbietet, so verspreche ich Euch, dass Ihr nicht nur dem Namen nach eine Herrin sein sollt, sondern dass ich Euch zu meiner einzigen Herrin nehmen und alle anderen, die Euch diesen Titel streitig machen wollten, aus meinen Gedanken und meiner Zuneigung verbannen werde, um nur Euch allein zu dienen.”Doch die Scheidung gestaltete sich als schwierig, da ein bloßer Nichtvollzug der Ehe nachweislich nicht bestand und somit als Annulierungsgrund ausschied.
Da seine Gemahlin Katharina von Aragón, die die Witwe von Heinrichs Bruder gewesen war, dem König keine Thronfolger geschenkt hatte, entschied sich Heinrich, auf ein Argument des kirchlichen Eherechts zurückzugreifen, das bei der Schließung seiner Ehe zunächst im Wege gestanden und nur durch eine päpstliche
Dispens hatte ausgeräumt werden können:

„Wenn jemand die Frau seines Bruders nimmt, so ist das eine abscheuliche Tat. Sie sollen ohne Kinder sein, denn er hat damit seinen Bruder geschändet.“

“Sie lebt wie eine Königin”

Der Papst erfüllte König Heinrich jedoch dennoch nicht den Wunsch, seine Ehe zu annulieren. Und Anne Boleyn erfüllte König Heinrich nicht den Wunsch nach einer sexuellen Beziehung mit ihr, obwohl er sie zu diesem Zeitpunkt bereits wie seine Ehefrau behandelte.
Er überschüttete sie mit Geschenken und Küsste sie in der Öffentlichkeit. Bei Festlichkeiten gab er ihr den Vortritt vor seinen Schwestern und ihren Vater erhob er als Viscount Rochford in den Adelsstand.
“Sie lebt wie eine Königin”, notierte Venedigs Botschafter 1531.
Ein Jahr später, im Jahre 1532, begleitete Anne Boleyn den König nach Frankreich. Seine Gemahlin Katharina musste Anne für diese Unternehmung die Kronjuwelen übergeben. Der König stattete sie mit einem Adelstitel und einem entsprechenden Vermögen aus. Dies soll der Zeitpunkt gewesen sein, an dem Anne Boleyn endlich bereit war, sich ihrem Verehrer hinzugeben. Und prompt wurde sie schwanger.
Ende des Jahres 1532 muss sie es Heinrich mitgeteilt haben, denn von da an ging alles recht schnell.




Die geheime Hochzeit

Am 25. Januar 1533 heiratete er Anne Boleyn in einer stillen Zeremonie in einer Kapelle in der Nähe des Greenwich-Palastes. Das war für ihn die einzige Möglichkeit, um sein Kind legitim zur Welt bringen zu lassen und als Thronfolger einsetzen zu können, sollte es der lang ersehnte Sohn sein.
Doch zunächst wurde seine Ehe geheim gehalten, da Heinrich
VIII. noch nicht geschieden war und somit in Bigamie lebte.

Nach dem Tod des bisherigen Erzbischofs von Canterbury, William Warham, wurde der Hauskaplan der Boleyns, Thomas Cranmer, als neuer Erzbischof von Canterbury eingesetzt, in der Hoffnung, dass dieser nun endlich die Ehe mit Katharina von Aragón annulieren würde.
Tatsächlich erklärte der neue Erzbischof die Ehe Heinrichs und Annes für gültig. Allerdings nicht ohne dem Zorn des Vatikans zu entgehen. Eine Bannandrohung und ein Jahr später ein Bann waren die Folge.

Die Geburt der anglikanischen Staatskirche

Heinrich VIII. wagte daraufhin einen skandalösen Bruch mit der römisch-katholischen Kirche und erklärte sich selbst zum Oberhaupt der daraus entstandenen anglikanischen Staatskirche.
Dies ermöglichte am 23. Mai 1533 auch die Annulierung seiner Ehe mit Katharina durch ein Scheidungsgericht dieser neu entstandenen englischen Kirche.
Und entgegen der Überzeugungen Heinrichs, die im Kern katholisch waren, meinen Historiker heute, dass er durch die Ablehnung der Autorität des Papstes den Weg für die protestantische Reformation in England geebnet habe.

Der Wind dreht sich
Die Hinrichtung Anne Boleyns
Doch auch seine zweite Frau gebahr König Heinrich VIII. keinen Sohn, sondern eine Tochter, Prinzessin Mary. Und als auch darauf keine Söhne folgten, wurde er Ihrer schnell überdrüssig.
Im Mai 1536 wurde Anne Boleyn wegen fünf-fachen Ehebruchs der Prozess gemacht.
Sie habe ihn verhext, beklagte sich der König, als sie bereits im Kerker lag.
Gemeinsam mit ihren angeblichen Liebhabern - unter Anderem ihrem Bruder George ließ der König sie am 19. Mai 1536 auf dem Gelände des Tower of London hinrichten um eine Ehe mit seiner dritten Frau, Jane Seymour zu ermöglichen.

Ihr Gefängniswärter Sir William Kingston erinnerte sich:

Und dann sagte sie: 'Ich habe gehört, dass der Scharfrichter sehr gut sein soll, ich habe einen kleinen Hals', und von Herzen lachend fasste sie mit der Hand daran. Ich habe schon viele Männer und Frauen bei ihrer Hinrichtung erlebt, und alle sind in großer Angst gewesen, aber meines Wissens hat diese Dame viel Freude und Vergnügen am Tod.”

Anne Boleyns Tochter, Elizabeth wird über 40 Jahre lang als Königin über England herrschen.


Ist dies die Geschichte einer tragischen Liebe oder die einer machthungrigen jungen Frau, die in König Heinrich VIII. ihre Chance sah, den Thron zu besteigen und sich somit zur mächtigsten Frau Englands zu machen? Selbst an ihrem Todestage hatte sie kein schlechtes Wort über ihren Gemahl verloren. “Gott schütze den König” sagte sie noch bei ihrer Hinrichtung.
“Einen sanftmütigeren und nachsichtigeren Fürsten als ihn gab es nie.
Mir war er stets ein guter, freundlicher und gnädiger Herr.”

Ist der König mit ihr an eine Gemahlin gelangt, die sich lediglich die größtmögliche finanzielle Sicherheit gewünscht hatte für sich und ihre zukünftigen Kinder, oder ist er das Opfer ihrer systematischen Verführung geworden, mit der sie einzig und allein das Ziel verfolgt hatte, Königin von England zu werden?

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